Ist immer der Schiedsrichterschuld? Kolumne von Volker Mai

Da sitze ich, höre mir zum 5-mal an diesem Sonntag an, dass der Schiedsrichter wieder eine reine Katastrophe war. Mein erster Gedanke: Ich kann es nicht mehr hören – und irgendwie kann ich es auch verstehen. Auch im Sommer 1985 gab es Schiedsrichter, an denen ist man schier verzweifelt. Oft fragte ich mich, ob sie absichtlich komische Entscheidungen treffen. Vor allem hat es genervt, wenn man 10-mal gefoult wurde, sich beim 11-mal beschwerte, um die gelbe Karte zu bekommen… Doch mit den Jahren wurde mir etwas bewusst: Ich spiele in der Liga x, warum sollte der Schiedsrichter viel besser sein als meine Spielklasse?

Und ja, oft wirken die Schiedsrichter nicht wirklich fit, manchmal sind sie einfach zu alt, einige haben vielleicht nie selbst Fußball gespielt – aber viele Kicker haben auch nie auf der Seite der Schiedsrichter gestanden! Ich habe es versucht und ganz schnell gemerkt, dass es mega anstrengend ist, sich die ganze Zeit zu konzentrieren, ständig Entscheidungen zu treffen und sich das Gemotze von Spielern anzuhören, die manchmal kaum in der Lage sind einen Ball richtig anzunehmen, geschweige zu spielen!

Und was ist der größte Unterschied zwischen einem Spieler und einem Schiedsrichter? Wenn ein Spieler/ein Torwart einen dicken Fehler macht, dann rufen alle: „Weiter, ist nichts passiert!“ oder „Kopf hoch, der nächste ist drin!“. Aber wehe, der Schiedsrichter entscheidet einen Einwurf falsch, dann wird ordentlich in das Horn geblasen… Und ganz ehrlich: Wie viele Spiele werden wirklich verloren, weil der Schiedsrichter mit seinen Entscheidungen absolut daneben lag? Und wie oft wurden hingegen Spiele verloren, weil „Nichts passiert ist“ oder „Der nächste Ball drin ist“? Geschweige die 100 kleinen Fehler, die die Spieler in jedem Match machen…

An diesem Spieltag sind im Herren- und Damenbereich fast 50 Spiele angesetzt, die zahlreichen Jugendspiele gar nicht mitgerechnet – wie logisch ist es da, dass auch ein Schiedsrichter mal einen schlechten Tag erwischt oder eben wirklich mal nicht gut pfeift? Aber wie viele Spieler werden wieder alles machen, nur nicht das, was der Trainer möchte – und sich wieder lauthals beschweren, dass der Schiedsrichter schlecht ist.

Meine Befürchtung: Irgendwann wird der Tag kommen, da werden 22 Spieler auf dem Platz stehen, aber kein Schiedsrichter, weil das Maß voll ist – ich könnte es gut verstehen. Denn die Frage aller Fragen: Warum in Gottes Namen sollte sich jemand das in seiner Freizeit antun?

Übernommen von Luenesport.de